Es ist einmal, in gar nicht all zu langer Zeit IX

„Rick?“ Eine dumpfe Stimme dringt wie aus weiter Ferne an mein Ohr. Ich öffne die Augen. Grelles Licht flutet durch meine Pupillen. Ein stechender Schmerz zwischen den Schläfen ist die Reaktion auf die Reize. Alles um mich herum dreht sich. Oder drehe ich mich? Ich versuche mich aufzurichten und merke wie ich zur Seite wegsacke. Jemand stützt mich. „Bleib lieber liegen. Du hast dich sauber auf deine klapprigen Knochen gepackt.“ Da ist sie wieder, diese raue Stimme mit der derben Ausdrucksweise. Derb? Wieso assoziiere ich gerade jetzt dieses alte Wort mit der sprechenden Person. Alt? Meine Gedanken springen. Das kann nur Tom gewesen sein. Ich blinzle mehrmals. Langsam schärft sich mein Blick. Es ist tatsächlich Tom, der sich über mich beugt. Eine Deckenleuchte strahlt auf mich herab. „Was ist passiert? Wo bin ich?“ Versuche ich zu sagen und spüre etwas flüssiges in meinem Mund, dass mich beim Sprechen behindert. Es schmeckt nach Eisen. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und spucke. Eine zähflüssige rote Masse tropft auf den Boden. Mein Blut. „Du bist in deinem Bett. Du hast dir deinen Dickschädel ziemlich übel angestoßen.“, antwortet mit Tom.  Einzelne aufeinander folgende Bilder flimmern durch meinen Kopf. Wie ein Daumenkino bei dem jemand immer wieder mehrere Seiten herausgerissen hat. Der Platz vor dem Tor, Blitze und Schüsse im Wald,  die Drohne, die Walker, rennende Menschen, Panik in mir, der stürzende Lieferwagen und dann die Dunkelheit. Daumenkino? Wie komme ich jetzt bloß auf so etwas? Was ist los mit meinem Kopf. Wieso greift er auf so alte Assoziationen zurück. Das Stechen zwischen den Schläfen wird wieder stärker. Ich versuche dagegen anzukämpfen und presse die Augen zu. Irgendetwas Wichtiges habe ich vergessen. Irgendwas war mir so wichtig als ich auf dem Platz stand. Etwas das mich beunruhigt hat. Wieder folgt die Bilderflut, als hätte ich den gleichen Film noch einmal in den VHS-Player gelegt. „Was zur Hölle ist passiert?“, frage ich. „Das habe ich dir schon zwei Mal gesagt“. Wieder Toms Stimme. Diesmal wirkt sie genervt. Du hast eine Gehirnerschütterung oder so. Ruh dich aus.“ Hab ich das eben schon mal gefragt? Was ist los mit mir? Ich muss nach irgendwas schauen. Nach irgendwem! Das war es! Ich hatte jemanden gesucht! Ich versuche mich aufzurichten. „Rick, jetzt ist es langsam mal gut!“ Ich spüre Toms Hand auf meiner Brust. „Du bleibst jetzt hier liegen. Sonst klappst du mir nochmal zusammen. Ich hab keine Lust dich ins Bett zurück wuchten zu müssen!“ In Toms Stimme schwingt jetzt etwas Bedrohliches mit. Okay,  bei der Auseinandersetzung würde ich jetzt garantiert den Kürzeren ziehen. Ich hatte doch jemanden gesucht? Irgendwo in diesem Chaos hatte ich jemanden gesucht. Jemanden, der mir wichtig war, jemanden um den ich mir Sorgen gemacht hatte. Von draußen höre ich laute Rufe, die durch das offene Fenster hereindringen. Toms Hand verschwindet von meiner Brust. Ich höre wie er durch das Zimmer zum Fenster geht. „Was ist da los?“, bringe ich mühsam hervor. Nur mit größter Anstrengung kann ich die Worte formen. „Die haben noch weitere Leute gefunden.“ Meine Arme und Beine fühlen sich plötzlich so schwer an, als würden sie am Bett kleben. „Leute gefunden?“, lalle ich mühsam. „Ja. Leute gefunden.“, bestätigt mir Tom. Es knackt. Zeitgleich spüre ich die linke Seite an meinem Bett etwas nachgeben. Etwas weiches rundes berührt mich an der Hüfte. Meine Augenlider heben sich einen Spalt weit. Tom sitzt auf der Bettkante. Seine braunen Augen blicken unter dem langen weißen Haarschopf besorgt zu mir herunter. „Gottverdammt Rick, Laura geht es gut. Das ist es doch, was du wissen willst. Oder? Und jetzt schlaf endlich!“ Ich versuche noch mit dem Kopf zu schütteln, doch da umfängt mich die Dunkelheit erneut. Mein Kopf wechselt zurück in den Wartungsmodus.

Schon wieder diese Sirene! Als ich meine Augen öffne scheint die Sonne in mein Zimmer. Ich brauche eine ganze Weile bis ich begreife, dass mich die Sirene diesmal nur zum Essen ruft. Mit einem Mal kann ich mich wieder an die Nacht erinnern. Der Angriff, meine Suche nach Laura, daran wie mich Tom zur Seite gezogen hat. Wie ich in diesem Bett lag, völlig durcheinander. Ich richte mich auf und schwinge die Beine aus dem Bett. Ein Schmerz durchzuckt mich. Meine linke Körperhälfte glänzt grün-bläulich.  Vorsichtig gehe ich zum Fenster und blicke hinaus. Die beiden Lieferwagen liegen zerbeult neben dem Eingangstor. Ein provisorisches Tor aus zusammengeknotetem Holz und Metall lehnt zwischen den alten Pfeilern, die früher einmal das Grundstück begrenzt haben. Auf dem Platz vor dem Gemeinschaftshaus stehen kleinere Grüppchen und reden. Ein stetiger Strom betritt und verlässt das Gemeinschaftshaus. Noch immer etwas betäubt von den vielen Gedanken humple ich mit meinem Digitalen Assistent ins Badezimmer. Während ich mir die Zähne putze und meine blaue linke Gesichtshälfte im Spiegel mustere, spielt mir das Gerät eine Nachricht von Laura vor. Mein Herz schlägt schneller, als ich ihre Stimme höre. „Hallo Rick, ich hoffe dir geht es besser, wenn du das hier hörst. Wir gehen davon aus das du in den Sender kommen willst, wenn du wieder auf den Beinen willst. Lass das! Ruh dich aus. Geh zum See. Nimm dir Zeit. Ich habe von Lea gehört das du mich gesucht hast. Mir geht es gut. Wir arbeiten den Abend gerade auf. Wenn du willst, triff mich heute Mittag am alten Bootsanleger.“ Ihre Stimme erlischt. Eine andere Stimme erklingt. „Eine angehängte Datei. Datei öffnen?“ „Datei öffnen!“, weise ich das Gerät an, bevor ich die Zahnpastareste mit geronnenem Blut ausspucke. „Solidaritätsaktionen Faschistischer Gruppen mit der US-Armee werden in dieser Nacht in vielen Regionen gemeldet. Auch die Black Cat…“ Ich erkenne Sarahs Stimme. Die angehängte Datei war offenbar ein Ausschnitt aus einer nächtlichen Radiosendung. Gebannt höre ich ihr zu, während ich zum Frühstück gehe.

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Es ist einmal, in nicht all zu langer Zeit… VIII

Durch die Bewegung der Drohne war die Kamera in die Horizontale geschwenkt worden. Die Perspektive, die sich mir bietet, wirkt als wäre ich auf einen hohen Baum geklettert. Nun sehe ich nicht nur ein paar rote und orange Umrisse auf dem Weg. Zwischen den menschlichen Umrissen bewegen sich matt orange schimmernde längliche Konturen die die Größe eines Menschen um mehr als das doppelte übersteigen. Das markante wippen des vorderen Teils dieser Kreaturen fällt mir sofort auf. „Walker!“, schreie ich entsetzt. Gebannt starre ich auf den Bildschirm. Hinter mir drängen sich Menschen um den Schirm und folgen meinem Blick.  „Schnell, holt die Leute rein!“, kreischt Tom. Ich reiße mich los und sprinte zum Tor. In diesem Moment setzen die beiden Lieferwagen am Tor beide ein Stück zurück. Durch die entstandene Lücke drängen sich die zurückkommenden Menschen. Einige bluten heftig. Wo zur Hölle war Laura? Eine weitere Leuchtrakete explodiert mit einem dumpfen Knall über dem Wald. Noch immer strömen Menschen durch die Lücke zwischen den Lieferwagen am Tor. „Rick?“, ruft jemand meinen Namen von der Seite. Ich wirble herum. Vor mir steht Micha, ein altes Gewehr in der Hand. „Micha! Hast du Laura gesehen?“ Sein Blick wandert zum Wald. „Die war eben noch hinter mir.“, sagt er dann leise. Noch während er spricht drängt sich eine Warnung aus meinem Unterbewusstsein in mein Hirn. Irgendetwas hatte sich grade eben verändert. Etwas, dass nichts Gutes bedeuteten konnte. Ich sehe wie Micha weiterredet und dabei gestikuliert. Aber ich höre seine Stimme nicht mehr. Was stimmte hier nicht? Welches anscheinend wichtige Detail nahm ich gerade nicht wahr und wieso hatte mein Kopf entschieden Michas Bericht nicht hören zu wollen? Nicht hören… Nicht hören… Mein Blick löst sich von Micha und wandert zum Wald und die Anhöhe hinauf. Die Menschen im Wald hatten die Verfolgung anscheinend eingestellt. Vereinzelt erkenne ich ihre Umrisse nun auch mit dem bloßen Auge. Sie stehen einfach nur da. Das knallen der Gewehrte hatte aufgehört! Sie schossen nicht mehr. Mit einem Mal höre ich wieder alles, als hätte jemand an einem Lautstärkeregler gedreht. Ich höre schmerzerfüllte Schreie, höre wie sich die Schutzgruppen am Tor Dinge zurufen und höre noch etwas anderes. Ein Geräusch das tief in mir einen animalischen Reflex auslöst. Flucht! Schon beginnen meine Beine sich von selbst zu bewegen. Mit größter Mühe kämpfe ich dagegen an. Das Geräusch wird immer lauter. Zwei kurz aufeinander folgende metallene Klickgeräusche, unterlegt mit einem mechanischen Surren. Ein Geräusch das ich vor vielen Jahren zu fürchten gelernt hatte. „Walker!“, rufen nun auch andere Stimmen und deuteten auf den Waldrand. Zwei dieser Kreaturen kommen in einem mörderischen Tempo die Anhöhe hinab. Entsetzt und fasziniert verfolge ich das Geschehen. Zwei metallene Wesen, etwa so groß wie Rehe, mit einem stählernen Körper und dünnen Beinen, galoppieren auf das Tor zu. Das Design und der Bewegungsapparat waren von Tieren abgeschaut worden. Das machte sie zu blitzschnellen und wendigen Maschinen. Vor vielen Jahren, als sich der langsam zusammenbrechende Staat noch mit aller Kraft wehrte, waren diese Maschinen in den Dienst der Polizei gestellt worden. Ausgestattet mit einem gepanzerten Stahlkörper, einer Abschussvorrichtung für Granaten, Tasern und einer Soundkanone, waren sie zum ultimativen Polizistenersatz für Ausschreitungen geworden. Sie konnten im Alleingang Personengruppen auseinandertreiben oder im Rudel Menschen einkesseln und außer Gefecht setzten. Mehr als einmal hatte ich mit ansehen müssen was passiert, wenn eine dieser Maschinen einen Demonstranten überrannte. Ein ohrenbetäubendes blechernes Scheppern durchdringt die Nacht. Eine der Maschinen war gegen einen der beiden Lieferwagen gesprungen. Die Menschenenge dahinter zerstobt in alle Lichtungen. Der Lieferwagen schwankt bedrohlich. Noch einmal ertönt das Scheppern. Auch der zweite Walker war gesprungen. „Rick, beweg deinen faltigen Arsch da weg!“ Das war Toms Stimme. Jemand reißt mich zur Seite. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie der Lieferwagen kippt. Dann kippt die Szene um 180 Grad und ein gleißender Schmerz durchzuckt meinen Körper. Lichtblitze erscheinen dort, wo eben noch das Bild vom kippenden Wagen zu sehen war. Das grelle Licht breitet sich in meinem Kopf aus und füllt jede Hirnwindung. Ich höre  das Blut in meinen Ohren laut pochen. Die Blitze erlöschen. Dunkelheit umhüllt mich.

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Es ist einmal, in nicht all zu langer Zeit… VII

Die Menge hat einen Kreis um zwei Personen gebildet. Einige knien am Boden.. „Was ist denn  hier los?“, frage ich eine junge Frau, die etwas abseits steht. „Rouen und Layla wurden von einer Gruppe Faschisten angegriffen.“, sagte sie. Ich bahne mir vorsichtig einen Weg in Kreis. Die zwei Frauen sitzen auf dem Boden. Zwei Sanitäter und eine Ärztin knien neben ihnen und versorgen Prellungen und  Platzwunden. „Kann ich helfen?“, frage ich.  „Die anderen Kommunen müssen gewarnt werden. Das waren Streuner. Offenbar eine größere Gruppe.“ Die junge Frau zückt ihren Digitalen Assistenten und beginnt ein Telefonat. „Ihr müsst hier nicht zugucken.“, sage ich zu den Zuschauern. „Ist die Schutzgruppe schon draußen?“, frage ich. „Ja, die sind gerade raus.“, sie deutet auf den leeren Parkplatz. Das leise Surren eines Elektromotors kündigt die Ankunft eines Rettungswagens an. Die Sanitäter helfen den Verletzten aufzustehen und begleiten sie zum Wagen. Ich verabschiede mich und rufe im Sender an. Ich schildere den Vorfall kurz und gehe dann zu meinem Zimmer. Seit meinem Einzug vor mehr als 20 Jahren habe ich hier nicht viel verändert. Mein Zimmer hat keine Tapete. Lediglich die Wände hatte ich ein paarmal, mehr schlecht als recht gestrichen. Einige Stellen hatte ich freigelassen. Menschen die vor uns hier waren hatten die Wände besprüht und wunderschöne Wandgemälde geschaffen.   Eines zeigt  zwei Menschen die miteinander reden. Statt Köpfen haben sie TV-Geräte auf den Hälsen und schauen jeweils das Programm, das auf dem Bildschirm des anderen läuft. Mir gefiel das Graffiti damals sofort.  Ich lasse mich aufs Bett fallen und überlege wie es in Nordamerika nun weitergehen würde. Hin und wieder diktiere ich meinem Digitalen Assistenten ein Stichwort

Aufgeregte Rufe lassen mich hochschrecken. Ich war tatsächlich eingeschlafen. Draußen ist es schon dunkel. Mein Digitaler Assistent auf dem Kopfkissen blinkt. Während ich zum Fenster gehe um den Rufen auf den Grund zu gehen, piept mein Digitaler Assistent und teilt den Eingang einer Nachricht an. Ich öffne das Fenster und blicke hinaus. Auf dem Platz vor dem Gemeinschaftshaus sammelt sich eine Menschengruppe. Immer wieder deuten einzelne auf das Eingangstor und den Wald. Ich folge mit dem Blick in die gezeigte Richtung. Erst kann ich nichts erkennen. Nur langsam gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit. Mehrere Lichtkegel tanzen durch den Wald, wie Funken eines Lagerfeuers aus nassem Holz. Sie entfernen sich von der Kommune. Ich meine aus dem Wald Schreie zu hören. Plötzlich ertönt ein lautes Zischen. Ein greller Funkenschweif schießt in die Luft. Mit einem Knall explodiert das Geschoss in der Luft. Eine rote Lichtkugel schwebt dicht über dem Wald und leuchtet das Gebiet aus. Nun kann ich die Umrisse von vielen Menschen im Wald erkennen. Wie auf ein Kommando beginnt es im Wald immer wieder zu blitzen und zu knallen. Ich kenne dieses Knallen nur zu gut. Wie in Trance greife ich zu einem Rucksack unter meinem Bett und beginne zu rennen. Die Holztreppe knackt unter meinen Füßen bedrohlich. Vom Lärm aufgeschreckt kommen auch andere aus ihren Zimmern und laufen hinter mir nach draußen. Auf dem Weg zur Ausgangstür werfe ich einen Blick auf den Bildschirm des Digitalen Assistenten. „Streuner im Wald. Wir fahren raus. Melde mich später.“, lese ich Lauras Nachricht. Als ich die Tür nach draußen aufstoße, ertönt die Sirene auf dem Dach des Gemeinschaftshaus. Drei lange Töne, gefolgt von zwei kurzen. Ein Signal das mehr als 10 Jahre nicht mehr ertönt war. Das Signal das vor einem Angriff warnt. Auf dem Platz laufe ich Lea und Hussein in die Arme. „Was ist denn los?“, frage ich über das Geheul der Sirene hinweg. „Wir waren mit ein paar Kindern im Wald um Pflanzen zu sammeln und sind auf mehrere bewaffnete Menschengruppen gestoßen. Die haben sich das Gelände angeschaut. Wir sind dann schnell zurück gelaufen. Offenbar waren das Späher.“, berichtet Lea. Die Sirene verklingt. Wieder höre ich Schüsse aus dem Wald. „War die Schutzgruppe die da raus ist bewaffnet?“ Hussein schüttelt mit einem schmerzlichen Blick den Kopf. „ Jedenfalls nicht mit Schusswaffen…“ Während des Gesprächs hatten sich andere Schutzgruppen versammelt und begannen mit den Notfallmaßnahmen. Zwei große Transporter wurden vor das offene Tor gefahren und mit den Stoßstangen aneinander geparkt. So war der Weg von draußen nach drinnen versperrt. Ich sehe wie aus einem dritten Lieferwagen eine Gruppe eine etwa drei Meter lange Kiste hebt und das darin verstaute Gerät auspackt. Es ist eine alte Drohne. Ein Überwachungsgerät aus dem Ende der 20er Jahre des Jahrhunderts. Eine Maschine die damals Aktivisten und Aktivistinnen überwachte und filmte. Mit einem tiefen Summer startet die Drohne und fliegt auf den Wald zu. Als ich ihr hinterher schaue, sehe ich die die ersten Menschen die aus dem Wald gerannt kommen. Einige stützen Verletzte. Zwei Schutzgruppen rennen ihnen entgegen. Auch ich verspüre den Drang ihnen entgegen zu laufen. Eine Stimme hinter mir hält mich davon ab. „Rick, kannst du mir mit der Technik helfen?“ Verdutzt drehe ich mich um. Neben der Kiste mit der Drohne steht Tom, ein alter Kampfgefährte. Über seine Arme hat er die Steuerapparatur für die Drohne gestülpt. „Jetzt schau mich nicht an als wär ich ein Baum. Ich will auf manuelle Steuerung umstellen. Aber ich brauche jemanden der die Kameras bewegt und einen Blick auf das Auge wirft.“ Sein Kopf ruckt kurz zu einem aufgeklappten Laptop auf der Ladefläche des Lieferwagens. Mit ein paar Kommandos aktiviere ich die Kameras und schwenke die Hauptkamera unter den Tragflächen auf den Wald. „Ich seh hier nur schwarze Umrisse!“, beschwere ich mich. „Du musst den Filter für Wärmeerkennung aktivieren. Da muss irgendwo ein Button sein.“, ruft Tom zurück und zieht die vor dem Oberkörper ausgestreckten Arme an seine Brust. Das Bild auf dem Schirm bleibt stehen. Die Drohne schwebt nun über dem Wald. Ich finde die Schaltfläche und drücke sie. Das Bild verschwimmt kurz. Dann zeigt es mehrere rote und orange Umrisse vor einem grauen Hintergrund. „Sehr gut!“, lobt Tom mich. Über einen Helm auf seinem Kopf sieht er das, was die die Kameras der Drohne übertragen. Mit ein paar Armbewegungen dreht er die Drohne.  Nun kann ich Gestalten auf dem Schirm erkennen,  die auf den Eingang zur Kommune zu gerannt kommen. Die Drohne schwebt über sie hinweg und blickt in den Wald. Das Bild auf dem Schirm verschwimmt wieder für ein paar Sekundenbruchteile. Tom erkennt vor mir, was die Drohne nun zeigt und stößt einen panischen Schrei aus.

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Es ist einmal, in nicht all zu langer Zeit… VI

„LFNA bestätigt Kommandooperation behind  combatline –Atomwaffen offenbar gesichert.“ Wieder schalte ich mich in die Redaktion. „Woher kommt die Info?“, frage ich Carl. „Das kommt direkt aus der Pressestelle der LFNA. Wir stellen gerade Nachforschungen an.“

Als mittags die Sirene über die Kommune halt und zum Mittagessen ruft, verabschiede ich mich vom Publikum und trete haareraufend vor den Sender. „So einen stressigen Tag hatten wir seit Jahren nicht mehr, oder?“ Laura schwingt sich auf eines der herumstehenden Fahrräder. „Nicht mehr seit den Straßenkämpfen in Dortmund, als sich die Nazis auflehnten.“ Wir rollen den Hügel hinab. „Was glaubst du, wie geht es jetzt weiter in Nordamerika?“, frage ich Laura, nachdem wir die Bäckereien passiert haben. „Jetzt wo der US-Armee das ultimative Drohmittel fehlt? Nun, ich glaube die werden kapitulieren und den Weg für eine Wahl über die Zukunft freimachen.“ Vor der Schule bremsen wir ab und schieben die Räder. „Ich kann mir immer noch nicht vorstellen das die USA nun libertär wird.“, gluckse ich. Kinder strömen an uns vorbei zum Essen. Über ihre lauten Rufe hinweg antwortet mir Laura. „Wir können uns das nur schwer vorstellen.“ Sie betont das wir. „Für die Kinder hier ist das einfach nur ein weiterer Name einer Region – und nicht das Hauptland des Kapitalismus.“ Sie verzieht beim letzten Wort das Gesicht. „Die älteren von ihnen verbinden es vielleicht mit Emma Goldman oder Heymarket.“ Der Name Goldman, einer libertären Vordenkerin liegt mittlerweile für mich vermutlich eben so weit weg, wie für die Kinder Begriffe wie USA oder Kapitalismus. Die Denkansätze und Theorien, die wir vor vielen Jahren gelesen hatten und mit ihnen träumten, waren Großteils in der Vergangenheit geblieben. „ Die Harmonie des organischen Heranwachsens ist es, die die Vielfalt der Farbe und Gestalt schöpft – all das,  was wir in der Blume bewundern. Ebenso wird das organisierte Handeln freier Menschen, die vom Geist der Solidarität getragen sind, in die vollkommene soziale Harmonie einmünden  – und dies ist Anarchie.“, murmele ich ein Textfragment vor mich hin, dass mir in Erinnerung geblieben ist. „Von wem war das?“, fragt Laura, während wie die Räder am Unterstand neben dem Gemeinschaftshaus abstellen. „Emma Goldman.“, sage ich. „Du siehst, die Namen sind vielleicht in Vergessenheit geraten, aber die Ideen die sie hatten sind Realität.“ Sie tritt an mich heran und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. „Soziale Harmonie?“, frage ich und greife nach ihrer Hand. „Ich weiß nicht ob die Realität ist“, gebe ich zu bedenken. Hand in Hand treten wir in den Speisesaal. „Natürlich ist nicht immer alles harmonisch, natürlich streiten wir uns und haben Konflikte, aber es gibt keinen Neid mehr, keine Konkurrenz. Menschen werden nicht mehr dazu gezwungen ein bestimmtes soziales Verhalten gegenüber anderen zu zeigen. Was ist das, wenn nicht Harmonie?“ Wir ziehen eine Karte und warten bis wir unser Essen abholen können. „In unserer kleinen Kommune mag das stimmen, aber wenn ich an Nordamerika denke…“ Die Kinder fließen wie der Strom eines aufgestauten Baches an uns vorbei in die Halle. „..Ich meine, Anarchistinnen und Anarchisten kämpfen da mit Waffengewalt und was man aus Dresden und von der tschechischen Förderration so hört, scheint sich da Widerstand zu regen. Da wollen wieder Leute einen Nationalstaat.“, rege ich mich auf. Meine Nummer erscheint auf der großen Anzeigetafel. Heute gibt es mehrere Gerichte zur Auswahl. Ich entscheide mich für Kartoffelgestampftes mit Apfelmus und Bratlingen und suche einen freien Platz in der sich füllenden Halle. Von einem Tisch am Eingang winken mir Laura und Vanessa zu. Kaum habe ich mich gesetzt, fragt Vanessa. „Erzählt ihr weiter von früher? Ihr wart beim Fall der Demokratie stehen geblieben.“ Ich werfe Laura einen amüsierten Blick zu. „Ich würde nicht sagen, dass die Demokratie gefallen ist“, beginne ich. „Vielmehr haben die Menschen sich für andere Ideen geöffnet und Demokratie weiterentwickelt. Sie haben nicht mehr mitbestimmt in dem sie anderen gesagt haben, dass sie über die Menschen bestimmen sollen. Viel mehr haben sie selber angefangen über sich selbst zu bestimmen. Das fing bei den verbotenen Protesten an. Dann kamen die selbst organisierten Zentren, Kneipen und Krankenhäuser. Gefallen ist damals der Kapitalismus.“ Vanessa und einige weitere ältere Kinder und Jugendliche hören mir gespannt zu. „Wir haben heute in der Schule darüber gesprochen. Über den Kapitalismus.“, erklärt Vanessa. „War es wirklich so schlimm?“, fragt ein Junge, der gerade seinen Teller mit anderen Kindern teilt. „Was haben Lea und Hussein denn erzählt?“ Laura steht auf und wuschelt mir durch die langen Haare bevor sie zum Tresen geht. „Naja, dass ihr morgens in irgendwelche Büros von Firmen gegangen seid, 8 Stunden gearbeitet habt, damit die Firmenbesitzer Geld verdient haben und dann nur wenig Lohn bekommen habt.“ Ich schmunzle. Das klingt ganz nach etwas, dass Hussein gesagt haben könnte. „Ja, das war wirklich in vielen Fällen so. Aber bei vielen waren es auch mehr als 8 Stunden pro Tag. Das nannte man dann Überstunden. Als hätten wir die über gehabt und verschenkt.“ Ich bemerke die Bitterkeit in meiner Stimme und esse einen Löffel Kartoffelbrei mit Apfelmus. „Ihr habt freiwillig länger gearbeitet?“ Der Junge lacht ungläubig. „Wir brauchten Geld zum Überleben. Wir haben wenig verdient und die Stunden die wir da mehr saßen haben uns ermöglicht von dem Geld Dinge zu kaufen die wir dringend brauchten.“ „… Oder von denen wir dachten, dass wir sie brauchten.“ Laura war wieder da. „Das war damals eine Gesellschaft in der du Ansehen bekommen hast, wenn du dir mehr oder besseres kaufen konntest als andere.“ Sehnsüchtig schaue ich auf Lauras Teller. Warmer Apfelstrudel mit Vanillesoße. „Also mehr arbeiten und weniger Zeit für das was ihr aus eigenem Antrieb tun wolltet, damit ihr bei euren Mitmenschen besser ankommt?“, fasste der Junge zusammen. Wir lachen gemeinsam. „Das klingt total absurd für euch, oder?“, frage ich über das Lachen der Kinder hinweg. „Schon ziemlich.“, sagt der Junge. „Für uns war das damals der Alltag.“ Lauras Stimme klingt verstört. „Das ist echt kaum noch vorstellbar.“ Vanessa spielt an ihrem Digitalen Assistenten herum. „Wolltet ihr nicht noch was zum Fall des Kapitalismus erzählen?“ Mein Blick fällt durch die großen Glasfenster auf den Platz vor dem Gemeinschaftshaus. Eine größere Menschentraube hat sich gebildet. Einige Menschen wirken zornig und rufen etwas. „Ich bin nachher in der Kochgruppe. Kommt doch vorbei, dann reden wir da weiter.“, sage ich und stehe auf.  Was war da draußen los? Eilig Wasche ich mein Geschirr ab und strebe nach draußen, auf die Menge zu.

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Von den Problemen beim schreiben längerer Texte

Naben den kleinen Texten, sachlichen(?)/emotionalen Blogposts und der „Es ist einmal, in nicht all zu langer Zeit.“-Reihe schreibe ich seit längerem an einem längeren Textentwurf. Teil 1 trägt den Projekttitel „Es ist die Wut die wir teilen doch die Liebe die uns verbindet.“ Der Text begleitet romanartig mehrere junge Menschen bei ihrem antifaschistischen Engagement. Er soll interessierte und unpolitische Menschen ansprechen. Mittlerweile ist dieser Text abgeschlossen. Beim schreiben merkte ich schnell, dass es für mich schwer war einen bestimmten Stil zu finden und diesen beizubehalten. Auch bekam ich anfangs keine Kritik und war selbst unsicher wohin er sich entwickeln sollte.  Jetztschreibe ich am zweiten Teil. Dieser spielt zeitlich etwa ein halbes Jahr nach Teil 1.

Gerade jetzt beim schreiben von Teil 2 stellen sich um so mehr Fragen für mich.

Wie haben sich die Charaktere weiterentwickelt?

Wie kann ich antifaschistische Inhalte/Kritik vermitteln, ohne mich zu wiederholen?

Wieweit genehmige ich dem Lesenden einen Einblick in antifaschistische Strukturen?

Wie vermeide ich langartmige Aktionsbeschreibungen, halte aber die Spannung aufrecht?

Welche mit dem revolutionären Antifaschismus  untrennbar verbundenen Themen/Kämpfe schneide ich an, ohne Lesende zu langweilen?

Wie weit baue ich eigene Erfahrungen ein?

Etc.

Ganz aktuell stelle ich mir die Frage wie ich auch während des Schreibens schon Kritik bekomme, ohne dem Lesenden einen Text voller Rechtschreib- und Grammatikfehler zumuten zu müssen. (Denn genau da liegt meine Schwäche.)

 

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Republiziert: Eine Begegnung in einer unruhigen Nacht

Der Nachfolgende Text hat vor einigen Tagen eine massive Kritik hervorgerufen. Einerseits wurde kritisiert ich würde die beschriebene Person bedrängen, in dem ich dazu aufrief, dass sie sich gerne melden kann. Daraus wurde eine Übergriff konstruiert. Andere Kritiker_innen warfen mir Sexismus vor. Darauf hin habe ich den Text depubliziert. Nachdem ich mich mit den einzelnen Kritikpunkten nun mehrere Tage auseinandergesetzt habe und mir von verschiedenen Menschen eine Bewertung erbeten habe, habe ich mich entschlossen den Text wieder öffentlich zugänglich zu machen. 

Letztendlich war es auch die artikulierte Kritik, die dazu führte, dass sich die beschriebene Person tatsächlich vor einigen Tagen bei mir gemeldet hat. Mit ihrem lachenden Einverständnis:

Es ist düster. Nur der schwache Schein der Straßenlaternen und das Licht aus einem Imbiss erhellen die Nacht. Blaulicht blinkt in der Ferne. Die Luft ist erfüllt von Parolen, leisem Klirren, wütende Rufe in der Nacht. Sirenen in der Ferne. Du stehst da, pöbelst wütend in Richtung der Cops. Sie stehen da, blicken stumm unter ihren Visieren hervor. Während die Absperrungen einer Baustelle auf der Straße landen, blickst du auf. Schaust mir in die Augen. Dein braunes Haar weht unter der Kapuze hervor. Du rufst mir etwas zu, Ich halte inne. Deine grünen Augen glänzen. In diesem Blick steckt so unglaublich viel. Glück, Kampfeswille, Wut und irgendetwas tieferes. Du ziehst das Tuch kurz herunter, lächelst mich an. Deine Zunge befeuchtet die trockenen Lippen. Noch immer spüre ich deinen Blick tief in mir. Dann wendest du dich ab, schaust an mir vorbei. Ich folge deinem Blick. Cops von vorne. Ich will etwas sagen, will dir etwas mitteilen. Will das, was mir durch den Kopf geht ausdrücken, aber du bist schon auf dem Weg nach vorne. Sehnsüchtig schaue ich dir hinterher. Es klirrt und scheppert. Die Cops machen kehrt. Aber du bleibst verschwunden.

 

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Unkompliziert.

„Ich mag es, wenn es nach Beziehungsende unkompliziert ist.“, sagt sie und streicht sich das Haar aus dem Gesicht. Der Satz verklingt in der Dunkelheit. Der schwache Schimmer bunter Lampen wirft ein schummriges Licht auf den Klapptisch und spiegelt sich in den gekritzelten Parolen auf seiner Oberfläche wieder. Leise Gesprächsfetzen, getragen von einem Musikbett dringen zur Empore hinauf. Gelegentlich durchdringt ein Lachen die Nacht. Der Geruch der frischen Farbe auf der Wand hinter ihr liegt in der Luft und überdeckt den Tabakgeruch, der von unten hinaufsteigt. Ich lehne mich zurück. Die Bank unter mir knarrt, als wolle sie sich über die Verlagerung meines Gewichts beschweren. Ich spüre die Eisenstangen des Geländers in meinem Rücken, drücke ihn dagegen. Meine Erinnerungen schweifen in die Vergangenheit. Wir tauschen uns über die Erfahrungen mit Menschen aus, mit denen wir zusammen waren, sprechen über die Leichtigkeit mancher zwischenmenschlicher Beziehung. Mein Kopf arbeitet, während sie weiterredet. Die Beziehungen zu Menschen, die nicht auf irgendwelchen Zwängen  der Art  „eigentlich müsst ich mich mal wieder melden“ beruhen, waren auch für mich immer die angenehmsten. Das Wissen, dass die Person da ist stärkt mich. Das Wissen, dass wir vielleicht unterschiedliche Wege gehen, aber sich unsere Wege immer wieder kreuzen und wir nur manchmal bewusst ein vorzeitiges Kreuzen dieser Wege selber beeinflussen. Ein Telefonat, ein kurzes Treffen, Austausch über dieses jenes und vielleicht das Einholen eines Rates. Danach trennen sich die Wege wieder, im Wissen, dass das nächste Aufeinandertreffen wieder in der gleichen Vertrautheit stattfindet. Unkompliziert. Ohne Verpflichtungen, ohne Druck, aber mit Sicherheit  und Geborgenheit. Unter uns scharren die Füße eines Stuhls über das Pflaster. Ein Schatten huscht über die Wand hinter ihr.  Eine sanfte Brise lässt die Blätter der Kastanie im Hof rascheln. Es ist einer jener Abende im Freiraum ohne viel Bewegung, ohne die geschäftige Dynamik, die manchmal herrscht. Ein Abend in dem der politische Alltag vor dem Stahltor zum Hof endet. Das Bedürfnis nach Ablenkung und Kräfte sammeln überwiegt. Vertraute Gesichter, manches angespannt, manches mit einem milden Lächeln auf den Lippen umgibt mich. Sie erzeugen genau die Vertrautheit, die ich auch in meinen zwischenmenschlichen Beziehungen vor dem Stahltor suche und so sehr schätze. Unser Gespräch schweift ab, dreht sich um Urlaubserinnerungen und Träume für die Zukunft. Träume vom Ausbruch. So überwiegt an diesem Abend der Wunsch nach Erholung und Wärme gegen die Kälte und Dunkelheit da draußen. Eigentlich ganz unkompliziert.

 

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Lampedusa, Rassisten, Frontex, Brandanschläge – Deutscher Herbst 2013

In den letzten Tagen hat sich bei mir im Kopf wieder einiges angesammelt. Einiges, dass raus muss. Das ich in Worte fassen will. Schon wieder Rassismus, schon wieder ein Text über Nazis und Deutschland und Europa. Schon wieder Gesamtscheiße.

Die zentrale Frage, die sich mir in den letzten Tagen stellte ist folgende: „Gibt es in den letzten Monaten einen steigenden Rassismus in der Gesamtbevölkerung und eine steigende Zahl von Angriffen durch Nazis auf Geflüchtete, oder wird einfach mehr darüber berichtet?

Im NDR Info-Radio wurde vor ein paar Tagen berichtet, dass jeder fünfte Mensch „mit türkischen Wurzeln“ (O-Ton) schon einmal einen rassistisch motivierten Übergriff erlebt hat. Im gleichen Atemzug wurde aber auch erwähnt, dass die Zahl der Übergriffe abgenommen hat.

Betrachtet man das Thema mit etwas Abstand, kann man sicher sagen, dass die Medien seit dem Auffliegen der NSU eine gewisse Sensibilität für Rassismus und rassistisch motivierten Übergriffen entwickelt haben. Auch kleine Zeitungen etc. berichten nun von Angriffen und ziehen Schlüsse die auf organisierte Nazis hindeuten.

Trotzdem die Frage: Werden es mehr?

Das Auffliegen der NSU hat nach meiner Wahrnehmung viele Menschen für die Gefahr und Taten organisierter Nazigruppen sensibilisiert. Ich höre weniger Aussagen das das doch Einzeltäter sein. Die Tatsache, dass es diese Gruppen gibt. Das sie irgendwo agieren und Dinge tun kann schwerlich geleugnet werden.

Im Rahmen des Wahlkampfes in Niedersachsen und später auch im Bundestagswahlkampf wurde die Hetze gegen Geflüchtete wieder sehr laut. Ein Innenminister Friedrich, der wieder in der 92’er „Das Boot ist voll“-Rhetorik spricht und damit in das Horn der NPD bläst.  Nun, das ist nichts neues. Das gab es 1992 schon, dass gab es 2011 schon (Seehofer „bis zur letzten Patrone„). Alle Jahre wieder werden diese vorbereiteten Reden herausgekramt und abgespielt. Dabei ist die Art dieser Reden immer die gleiche.

Einerseits wird Deutschland als Gastfreundliches Land dargestellt (You remember „Die Welt zu Gast bei Freunden?). Die Geflüchteten und potentiellen Einwanderer werden klassifiziert. In jene, die Arbeiten wollen und können, zumeist Akademiker und sog. Fachkräfte und anderseits vermeintliche die das Sozialsystem ausnutzen wollen. Hier wird also zwischen dem produktiven, ergo für Deutschland  wertvollen und dem unproduktiven, ergo wertlosen Menschen differenziert. Ganz schnell wird auch immer wieder verlangt, dass sich die Menschen die her herkommen an die deutschen Regeln und Gesetze zu halten haben. Andernfalls drohe ihnen die Abschiebung.  Töne die man bei der CDU („Intensivstraftäter abschieben“) genau so hört wie bei der NPD („kriminelle Ausländer raus“) Das sind Debatten die in den letzten fünf Jahren bereits geführt wurden. In den gerade vergangenen Wahlkämpfen gab es den Versuch die Sinti und Roma zum Politikum zu machen. Friedrich hatte schon im Oktober dazu einen Versuchsballon gestartet. Im April 2013 folgte dann eine Forderung an die EU gegen „Armutseinwanderung“ vorzugehen. Allein der Begriff zeigt schon die Widerlichkeit. Auf der Welle dieser Rhetorik reiten natürlich auch Nazis und Rassisten. Die Ereignisse in Duisburg um die Unterkunft „in den Peschen“ sei hier als Beispiel genannt, wo Naziparteien, Nazigruppen und „besorgte Anwohner“ plötzlich einen Schulterschluss vollziehen, antirassistische Aktivist_innen nachts vor dem Haus wachen, wo es Drohungen und Angriffe gibt.

In den letzten Wochen nun kommt die mediale Aufmerksamkeit um die Flüchtlinge hinzu, die über das Nadelöhr Lampedusa die Flucht nach Europa wagen. Die auf kleinen Booten, auf engstem Raum, häufig ohne Nahrung nach Europa fliehen. Die zu Hunderten elendig verrecken, weil Europa die Grenzen schließt, sich einzäunt und eine private Sicherheitsagentur namens Frontex damit beauftragt diese Flüchtlinge zu stoppen. Auch das ist nichts neues, das Unglück vor wenigen Tagen, dass medial für Aufsehen sorgt, führt nun zu einer vorsichtigen politischen Debatte.

Es gibt wieder so etwas wie eine Krise, eine Unzufriedenheit, die durch die immer weiter aufgehende soziale Schere gespeißt wird. Immer mehr Menschen die geringfügig beschäftigt sind, die mehrere Jobs brauchen um zu überleben, die immer länger arbeiten müssen, während der Standort Deutschland, die deutschen Firmen Gewinne schreiben.

So ist es einfach auf die Armen zu zeigen und sie als die Schuldigen darzustellen und die Notwendigkeit der Abschottung hervorzuheben. Dabei wird gekonnt verschleiert, dass der Luxus und Wohlstand in dem Europa sich sonnt, auf dem Rücken eben jener entsteht, die Europa hier ausschließt, sie tötet.

Die Ausgaben der EU für Frontex steigen rasant.

Das Frontex-Budget setzt sich aus Beiträgen der Schengen-Mitgliedstaaten sowie in einzelnen Jahren Beiträgen NorwegensIslandsIrlands und demVereinigten Königreich zusammen. 2005 verfügte die Agentur über 6,2 Millionen Euro, 2006 über 19,2 Millionen Euro, 2007 über 22,2 Millionen Euro und 2008 über 70 Millionen Euro zuzüglich eines Reserve-Budgets von 13 Millionen Euro.[27] Für 2009 bis 2011 liegt das Budget jährlich bei ca. 88 Millionen Euro.[28] Frontex verfügt zur Erfüllung ihrer Aufgaben über 20 Flugzeuge, 25 Hubschrauber und 100 Boote.[29]

Neben dem Versuch über den Seeweg nach Lampedusa zu kommen, gibt es an anderen Stellen auch immer wieder Massenanstürme auf die Festung Europa. So zum Beispiel vor einigen Tagen an der spanischen Küste. 

Während hunderte, tausende beim Versuch sterben Europa zu erreichen, gibt es nur wenige die die Flucht schaffen. Ihre Schicksale sind kaum bekannt. Die Geflüchteten der sogenannten „Lampedusa-Gruppe“ in Hamburg geben sich und all den anderen ein Gesicht. Sie heben sich damit aus der Anonymität der Todeszahlen, die abendlich in den Medien genannt werden und schildern ihr Schicksal. Dadurch erfahren sie mittlerweile eine breite Unterstützung. Der Hamburger Senat tut durch die angeordneten rassistischen Kontrollen ein übriges um den Widerstand zu mobilisieren. In diesen Tagen kommt es zu andauernden Protesten: (Spontan-)Demonstrationen, Zivilen Ungehorsam, direkten Aktionen. Und es sieht nicht so aus, als würde der Protest aufhören.

Ein Grund zur Hoffnung? Alles gar nicht so schlimm, schließlich bekommen die Flüchtlinge ja Unterstützung und Spenden?

 

In den letzten Tagen gab es mehrere Anschläge und Aktionen gegen die Unterkünfte von eben jenen Gruppen, gegen die gehetzt wird.

 

Das sind die Ereignisse der letzten Tage. Zumindest die, welche mir in Erinnerung geblieben sind.

Es ist Zeit, dass wir dem ein Ende machen! No border no nation! Kein mensch ist illegal! Keine ruhige Minute für Rassisten und Faschisten, egal ob in Anzug, Uniform oder schwarzem Hoodie!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Eine Begegnung in einer unruhigen Nacht.

— Aufgrund der massiven Kritik am Inhalt des Textes, der Art der Verbreitung und eines Sexismusvorwurfs habe ich den Text entfernt. Danke an alle die mir durch die Verbreitung helfen wollten —

 

 

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Es ist einmal, in nicht all zu langer Zeit… V

Am nächsten Morgen bin ich schon wach, bevor die Erntesirene alle zum Frühstück ruft. Jetzt in den Sommermonaten ist besonders viel auf den Feldern zu tun. Das Getreide muss gemäht, abtransportiert und gemahlen werden. Das Bäckereisyndikat wartet darauf Material für Backwaren zu bekommen. Das heißt auch ich sollte früh raus. Schließlich wollen die Menschen der Kommune bei dem was sie tun unterhalten werden. Müde schlurfe ich in den Waschraum und erledige die Morgentoilette. Leise schleiche ich die knarrende Treppe hinab auf den Hof. Die Sonne steht noch tief und taucht alles in ein rot-goldenes Licht. Der Himmel ist wolkenlos und schon jetzt ist es angenehm warm.  Ich schlurfe über den Hof. Vereinzelt sehe ich müde Gestalten, die zum Gemeinschaftshaus gehen. Ich mache einen kleinen Umweg zum See. Die Reste des Lagerfeuers vom vergangenen Abend qualmen noch. Im Gras daneben liegen die Skulpturen, die die Kinder aus alten Zäunen und Autoteilen gemacht haben. Der See liegt ruhig da. Zwei Kraniche stehen am Ufer und mustern mich, als ich näher komme. Mir kommt das Gespräch von gestern Abend wieder in den Sinn. Die Geschichten von früher. Geschichten aus einer anderen Welt. Wie Märchen müssen sie für Kilian, Vanessa und die anderen geklungen haben, die diese Zeit nicht erlebt haben. Eine Zeit voller Druck, Angst und täglichem Kampf. Eine Zeit voller Unsicherheit und Zweifel. All das liebt so unglaublich lange zurück. Mit diesen Gedanken im Kopf steuere ich auf das Gemeinschaftshaus zu. Die lange Halle war früher einmal eine Mastanlage für Legehennen gewesen, bevor der Bauernhof aufgegeben wurde. Wir hatten die Hühner auf eine freie Fläche daneben umgesiedelt und das große Gebäude umgebaut. Ein zweites Stockwerk war oben drauf gebaut worden. Zwei kleine Gebäude als Anbau daneben. Nun gab es neben einer großen Halle zum Essen und für Versammlungen auch kleinere Räume für Gruppen. Die Syndikate trafen sich dort. In den ersten Jahren hatte dort auch der Schulunterricht für die Kinder der Kommune stattgefunden. Bald waren es so viele, das wir dafür ein eigenes Gebäude gebaut hatten. Ich stoße die Tür auf und trete ein.

An den langen Tischen sitzen nur vereinzelt Menschen, die frühstücken. Ich freue mich als ich den Zeitungsstapel neben dem Tresen sehe. Das morgendliche Luftschiff war heute besonders früh dran und hatte Zeitungen aus den anderen Kommunen mitgebracht. Als der Luftschiffverkehr entstand wurde die erste Verbindung in der Kommune „Morgenschiff“ genannt. Viele Menschen witzelten damals, dass es eher nach dem morgendlichen Toilettengang klang. Die Menschen, die die den Landeplatz betreuten hatten die Bezeichnung 1 V etabliert. Als Abkürzung für die 1. Verbindung des Tages. Ich klemme mir eine Ausgabe der „Graswurzel“ unter den Arm und belade meinen Teller mit Brötchen und Aufstrichen. Dann zapfe ich mir einen Kaffee aus einer großen Kanne. Die üblichen Frühaufsteher hatten der Küchengruppe für diesen Morgen schon einige Aufgaben abgenommen und Essen vorbereitet. Ich steure auf einen Platz in der Mitte des Saals zu, wo schon andere sitzen. Ich   bin morgens  vor dem ersten Kaffee nie besonders gesprächig. Aber ich bin Neugierig was die die Leute gerade bewegt Eine Gruppei Fahrer der Erntefahrzeuge nickt mir stumm zu, als ich mich setze und die Zeitung aufschlage. „…müssen heute Abend unbedingt nochmal über die Wertfestsetzung des Roggens sprechen. Wir haben dieses Jahr einen hohen Ertrag, aber die Silos sind schon fast voll. Der Überschuss muss ja auch irgendwo hin…“, nimmt eine Fahrerin das Gespräch wieder auf. Gedanklich notiere ich mir das Thema.  Der Kaffee ist stark. Verdammt stark. Ich schlage die Zeitung auf. Auf der ersten Seite ist ein Artikel über den Kampf der Libertären Föderation Nordamerikas gegen die Vereinigten Staaten. Wieder hatte es Kämpfe gegeben. Ich ziehe meinen digitalen Assistenten aus der Tasche. Das handflächengroße Gerät hatte vor fast zwei Jahrzehnten den Kampf zwischen Smartphones und Laptops beendet. Ich richte den Sensor kurz auf die Titelseite der Zeitung und speichere den Text zur weiteren Bearbeitung im Speicher meiner Datenwolke. Während ich umblättere und in mein Brötchen beiße ertönt die Erntesirene. Als die Kommune gegründet wurde, kündigte die Sirene Gefahr an. Gefahr vor angreifenden Nazigruppen, oder vor der Polizei. Jetzt in der Erntezeit ersetzt sie den Wecker. Gleich wird es hier voll werden. Ich esse mein zweites Brötchen und wasche mein Geschirr in einer großen Spüle ab, bevor ich nach draußen trete. Die Sonne blendet mich, als ich nach einem der schwarzen Fahrräder Ausschau halte, die überall herumstehen. An der Rückwand des Gemeinschaftshauses entdecke ich eines. Der Sattel sitzt zwar sehr locker, aber ansonsten ist es noch benutzbar. Ich schwinge mich darauf und radle los. Ich lasse die Wohnquartiere mit ihren bunt bemalten Fassaden und den Spielplätzen hinter mir und radle auf die  Schulgebäude zu. Lea und Hussein, zwei der Lehrer sitzen auf einer Bank davor und winken mir zu, als ich vorbeifahre. Sie waren unter den ersten, die hier lebten und die Kommune Black Cat aufbauten. Rechts vor mir tauchen die Bäckereien auf. Eine Ansammlung von Gebäuden aus rotem Backstein, mit schwarzen Schornsteinen. Kisten mit Brötchen und anderen leckeren Dingen werden gerade in einen der Lieferwagen geladen, der sie weiterverteilt.  Ich erkenne Micha unter ihnen. Ein junger Mann den ich häufiger treffe, wenn ich früh auf den Beinen bin. Er winkt mich heran. „Guten Morgen! Hast du schon gefrühstückt?“ Er winkt mit Teigtaschen. Ich bremse scharf ab. „Eigentlich schon.“ Er wirft mir eine Teigtasche herüber. „Die ist  mit Wildhonig und Marmelade gefüllt“, sagt er lächelnd und beißt in die andere. „Hbsch heute mrgn auschprobiert.“, fügt er erklärend hinhzu. Ich lege den Kopf schief. „Das hab ich heute Morgen ausprobiert. Mal was Neues. Dann müssen sich die Leute auf den Feldern nicht extra was schmieren.“ Ich probiere. Die Mischung schmeckt köstlich. „Lecker!“, lobe ich ihn „und das ist ne gute Idee!“. „Kommst du heute Abend zum Konzert?“, fragt er mich. „Wir spielen nach dem Essen.“ Der Lieferwagen fährt unter leisem surren los und wirbelt eine kleine Staubwolke hinter sich auf. „Ich bin heute Abend in der Kochgruppe. Danach komme ich gerne vorbei“, antworte ich. Mein  Digitaler Assistent gibt ein Pfeifen von sich. Entschuldigend nicke ich ihm zum Abschied zu und stecke mir den kleinen Freisprecher hinters Ohr, bevor ich weiterfahre. Dann nehme ich den Anruf an. „Rick? Bist du schon auf den Beinen?“ Es war Lauras Stimme. „ich bin schon auf dem Weg. Was gibt’s?“ Ich trete stärker in die Pedale um den Hügel vor mir hinauf zu kommen. „Die anderen wollen eine Schalte wegen der Bewertung der Nordamerikasache. Die wollen in 20 Minuten loslegen.“ Das Rad kommt ins Schlingern, als ich mehreren größeren Steinen auf dem Feldweg ausweiche. „Okay. Ich bin gleich da. Soll ich die vertrösten bist du da bist?“, frage ich und unterdrücke ein fluchen. „Kannst du mich dazuschalten wenn es was wichtiges gibt? Ich glaub ich leg mich nochmal ne Stunde hin.“ Lachend schalte ich an der Gangschaltung des Rades herum. „Wie lange habt ihr denn gestern noch am See gesessen?“ Laura gähnt geräuschvoll. „Bis 4 Uhr.“ Der zweite Gang will nicht einrasten. Ich trete stärker. „Gut, dann weiß ich Bescheid. Bis später dann.“ Auf der Hügelkuppe  angekommen bremse ich kurz ab und werfe einen Blick  hinter mich. Von hier kann ich die ganze Kommune überblicken. Die Bäckereien beladen gerade einen weiteren Lieferwagen. Vor der Schule sehe ich die ersten Kinder, die hin und her laufen. Dahinter liegt das Gemeinschaftshaus mit den Wohnquartieren darum herum. Im Schatten des angrenzenden Waldes zeichnen sich die Werkstätten und die Garagen des Speditionssydikat ab.  Etwas langsamer fahre ich auf der Hügelkuppe entlang auf die mehrstöckigen Gebäude zu. Der alte Funkturm schimmert silbern im Licht der aufgehenden Sonne. Vor dem ersten Haus stelle ich mein Rad ab. Auf die Fassade ist eine schwarze Katze mit Kopförern gemalt, die einen Buckel macht. Darunter stehen die Buchstaben B C R  – Die Abkürzung für Black Cat Radio. Dem Sender der Kommune. In den ersten Monaten der Kommune wurde von hier ein illegales Radioprogramm gesendet, das Informationen sammelte und weiterverbreitete, ohne das der Staat das Senden unterbinden konnte. Mittlerweile gab es auch ein Fernsehprogramm und eine Webseite mit News, die von hier betrieben wurden. Ich trete durch die Eingangstür und werfe einen Blick durch die Glasscheibe in die Redaktion der Webseite. Die Nachtschicht sitzt müde vor den Computern. Im ersten Stock im Newsraum ist schon ein reger Betrieb. Die Redakteure der Nachtschicht sitzen noch an einer Zusammenfassung der Nachrichten, die in der Nacht hereinkamen. Ich begrüße Carl, einen Transmensch in meinem Alter. „Rick, die anderen sind schon aufgeregt wegen der Sache in Nordamerika. Radio A und ein paar andere Sender hängen schon in der Konferenz.“, ruft er mir zu bevor er in der Küche verschwindet. Ein Beamer wirft dreidimensionale Bilder der anderen Konferenzteilnehmer an die Wand. Ihr Stimmen hallen durch den Raum. „Schieben wir die Redaktionskonferenz nach hinten?“, frage ich während ich Carl in die Küche folge. „Ja.“ Carl reicht mir die Kaffeekanne. „Alle reden nur noch von den Kämpfen. Haben wir für heute noch andere Themen?“, frage ich. „Wir sollten irgendwas über die Ernte bringen. Außerdem haben wir ein paar vorproduzierte Beiträge die wir fahren können.“ Ich nippe an meinem Kaffee.

Zwanzig Minuten später hatte sich die Aufregung gelegt und das Plenum der Sender konnte beginnen. Die Wand hat sich gefüllt mittlerweile sind alle Sender zugeschaltet. Eine Redakteurin vom Freien Sender Kombinat Hamburg berichtet über ihre Rescherchen. „So wie es aussieht gab es in der Nacht eine Offensive der Kräfte der libertären Front Nordamerikas. Es gibt unterschiedliche Meldungen. Aber offenbar ist die LFNA von Ohio und Michigan nach Pittsburgh vorgerückt und hat die kämpfenden Genossen vor Ort befreit. Die US-Army hat sich nach Marryland zurückgezogen. Zeitgleich hat die sozialistische Front Mexikos einen Vorstoß nach Texas gewagt.“ Es wurde kurz still. Jemand blendete über die Projektionsfläche eine Karte ein und markierte die Fläche. Ich überlege ob ich mich einschalten soll. Schließlich drücke ich auf einen Knopf an meinem Platz und trage mich so in die Redeliste ein. „Dann ist die LFNA jetzt verdammt nah an Washington. Meint ihr die werden jetzt Nuklearwaffen einsetzen?“ Die Redakteurin vom FSK antwortet. „Die Präsidentin hat angekündigt das sie Washington um jeden Preis halten will. Ich denke wenn der Verstoß darauf beginnt, müssen wir damit rechnen.“ Auf meinem Platz leuchtet ein grünes Licht. Eine 3D-Darstellung meines Oberkörpers erscheint an der Wand. „Ist etwas über die Opferzahlen der letzte Nacht bekannt und meine zweite Frage ist, wie es mit den Sozialisten im Süden aussieht. Gibt es mittlerweile eine gemeinsame Linie von LFNA und SFM?“ Das grüne Licht erlischt. Die FSK-Redakteurin antwortet. „Mit Todeszahlen kann ich nicht dienen. Ich will da auch nicht spekulieren. Offizielle Zahlen gibt es auch noch nicht. Zu deiner zweiten Frage: Hier in LA wird mittlerweile von einem Bündnis gesprochen.“ Ich tippe die Informationen in mein Terminal. Etwas streift meine Schulter. Laura lange braune Haare fallen über meine Schulter, als sie mich zur Begrüßung umarmt. Sie fährt ihr Terminal hoch und ruft mehrere Newsseiten auf. Schnell überfliegt sie die Texte. „Wenn du jetzt doch schon da bist, löse ich mal Sarah ab.“, sage ich und stehe auf. Laura nickt halbherzig, voll auf den Text auf dem Terminal konzentriert.  Ich laufe den Gang hinunter und bleibe vor einem Raum mit einer Glaswand stehen. Im Raum kann ich Sarah sehen, die gerade zwei Regler auf einem Mischpult aufzieht. Ich drücke auf ein abgedunkeltes Display neben der Tür. Es erwacht zum Leben und zeigt zwei Buttons an. „Mithören“ und „Eintreten.“ Ich drücke auf Mithören. Sarahs Stimme dringt aus einem kleinen Lautsprecher am Gerät. „Was genau in Nordmerikas los ist versuchen wir gerade herauszufinden. Bis wir genaueres wissen, geht es mit Musik weiter.“ Sie zieht die Regler wieder herunter und tippt auf einen Bildschirm neben ihr. Ich drücke auf „Eintreten“. Die Tür öffnet sich zischend und schließt sich sofort wieder, nachdem ich den Raum betrete. Es wird still. Die Geräusche von draußen dringen in diesen Raum nicht hinein. „Guten Morgen“, begrüße ich die Moderation, die die Nachtschicht moderiert hat. „Na endlich!“, sagt sie und unterdrückt ein Gähnen. „Wo bleibt Laura?“ Ich setzte mich auf den zweiten Sessel ihr gegenüber und fahre die Technik hoch. „Die sitzt noch im Plenum wegen Nordamerika“, antworte ich und trinke noch einen Schluck Kaffee. „Okay, dann kann ich abmoderieren?“ Ich rücke das Mikrofon zurecht und setzte den Kopfhörer auf. „ich bin so weit.“ Über den Kopfhörer ich die letzten Takte eines alten HipHop-Track. „Ich hoffe ihr werdet langsam wach. Ich mach mich jetzt auf den Weg ins Bett. Durch den Morgen bringt euch jetzt Rick. Bis morgen!“ Sarah nimmt den kopfhörer ab und schaltet das Mikrofon ab. „Guten Morgen!“, sage ich ins Mikrofon. „So ganz wach bin ich noch nicht. Hier sind gerade alle in heller Aufregung wegen der Ereignisse in Nordamerika. Wir versuchen noch einen Überblick über die Meldungen und Gerüchte zu bekommen. Was aber sicher scheint, ist das libertäre und sozialistische Kräfte eine gemeinsame Offensive gegen die US-Armee gestartet haben. Pittsburgh wurde in der vergangenen Nacht befreit. Die Straßenkämpfe der Aktivisten vor Ort gegen die Armee sind vorbei. Im Süden erheben sich die mexikanischen Sozialisten. Texas soll mittlerweile unter sozialistischer Verwaltung stehen.“ Ich mache eine kurze Pause. „Sobald unsere Co-Moderation da ist geht es hier weiter.“ Ich starte eine Wiedergabeliste und lehne mich zurück und trinke einen Schluck Kaffee. Der Kaffee spritzt auf den Bildschirm, als ich die Meldung lese, die gerade erscheint.

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