Angst

Ich habe Angst. Mir das einzugestehen war anfangs schwierig. Irgendetwas gab es immer zu tun. Mit irgendetwas konnte ich mich immer ablenken. Doch nun fühle ich es deutlich.

Ich habe Angst.

Ich habe Angst vor einer rassistischen Mobilisierung der Gesellschaft.

Ich habe Angst vor einem politischen Rechtsruck.

Ich habe Angst davor, dass rassistische Parolen und Thesen salonfähig werden.

Ich habe Angst davor, dass rassistische Gewalttaten im aktuellen gesellschaftlichen Klima ermuntert werden.

Ich habe Angst davor, dass in einer Hysterie weitere Überwachung und Kontrolle staatlich durchgesetzt werden.

Ich habe Angst davor, dass sich der Egoismus und die Entsolidarisierung weiter verbreiten.

Ich habe Angst davor angegriffen zu werden, weil ich dagegen ankämpfe.

Ich habe Angst davor Gewalt einzusetzen um mich oder andere schützen zu müssen.

Und trotz dieses Angst – oder gerade deswegen kann und will ich nicht wegsehen. Kann nicht weglaufen oder mir etwas schönreden.

Angst, dass habe ich mal gelernt, ist ein Schutzreflex. Eine Warnung.

Aber vor was warnt sie mich nun?

Vor einigen Wochen stand ich vor einer Polizeikette und hatte Angst. Eine andere als die, die ich jetzt spüre. Mir schlotterten die Knie. Wortwörtlich. Ich realisierte die Angst, atmete tief durch und sah die Bilder und Eindrücke der letzten Wochen und Monate vor mir. Ich spürte die alte Wut in mir hochkochen und trat dann nach vorne. Meine Beine hörten schlagartig auf. Noch bevor ich begriffen hatte, bewegte ich mich und tat genau das wovor mich meine Angst warnen wollte.

Angst ist überwindbar. Angst ist nur das Innehalten bevor Mut und Wut wiederkommen.

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