Rassismus, Basche und große Bauchschmerzen

Nach tollen und aktiven Tagen wieder zu Hause. Aufwachen, müde ins Badezimmer schlurfen, während die Kaffeemaschine gluckert einen ersten Blick die Nachrichten. Lokale Zeitung, Web, ein paar verlinkte Artikel gelesen. Mit einem Auge schnell ein Brot mit veganem Aufstrich geschmiert. Stutzen.

Die Stadt Barsinghausen plant den Bau eines Heims für Geflüchtete und ja na klar, dass passt den Anwohner_innen natürlich nicht. Zuerst vorgeschobene Angst um die finanzielle Situation. So werden die Anwohner_innen mit „Für uns ist dieses Bauvorhaben mit Sicherheit eine Wertminderung unserer soeben erworbenen Eigentumswohnungen“, zitiert. Dann die Ankündigung einer Petition und die universelle Drohung des Kleinbürgertums: rechtliche Schritte.

Soweit so eklig, soweit nix neues. Dann aber das, was mir den Kaffee in die Nase treibt. Zitat aus dem Artikel:

Die Bewohner befürchten aufgrund ihrer Erfahrung Probleme, die sich „aus unterschiedlichen Mentalitäten, Glaubensrichtungen und Wertvorstellungen ergeben können“, heißt es im Schreiben weiter.

Nachdem ich mir die Nase geschneuzt habe versuche ich den Satz nochmal analytischer zu lesen.

Zu erst stellt sich mir die Frage: Woher sollen die Anwohner_innen „Erfahrungen“ haben. Wie ich schon häufiger an dieser Stelle geschrieben habe, ist Barsinghausen, von den Menschen dort liebevoll „Basche“ genannt, eine typische deutsche Kleinstadt in der niedersächsischen Provinz, Kleinbürgertum, eine alte Zeche in der früher Bergbau betrieben wurde, ein Kloster und das DFB-Trainingslager in dem die deutschen NationsFußballteams trainieren. Das Stadtbild ist nicht von Menschen aus vielen Ländern geprägt, sondern typisch deutsch dominiert. Wo sollen also die Erfahrungen herkommen?

Dann wieder dieses „Mentalitätsding“. Meine erste Assoziation sind Interviews mit Rassist_innen aus Rostock 1992, die sich über die Mentalität der Geflüchteten beschweren. Was zur Hölle soll diese „unterschiedliche Mentalität“ also sein? Sind es nicht viel mehr die unterschiedlichen Hintergründe, Erfahrungen und Lebensentwürfe die sonst immer als „wichtig für die Gesellschaft“ dargestellt werden? Dann der Punkt das allen Geflüchteten pauschal eine andere Glaubensrichtung unterstellt wird. Nein, das darf natürlich nicht sein. Christlich muss es in Barsinghausen schon zugehen… Und andere Werte sind natürlich auch potentiell problematisch.

Genau solche Äußerungen mit den dahinter stehenden Denkmustern waren es, die zur Welle der Progrome von Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen geführt haben. Und hier zeigen sie sich jetzt genau so wieder. Welche Gefahr den Geflüchteten droht, wenn sie zentral in einem Gebäude eingepfercht werden, in einer Stadt die so denkt, und in der alternative Menschen und ihre Räume eh schon regelmäßig von organisierten Nazis angegriffen werden, muss ich nicht noch näher ausführen.

 

 

 

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