Deutschland 91 / 2013. Nothing changed.

„Es ist deutsch in Kaltland“ lautete die Aufschrift auf einem Transparent, das Aktivist_innen in diesem Jahr auf der „RASSISMUS TÖTET“-Demo trugen. Die Kampagne wollte an die rassistischen Pogrome von Lichtenhagen, Hoyerswerda, Solingen und Mölln erinnern. Vor 20 Jahren nutzten Bürger_innen, Rassist_innen und organisierte Nazis die rassistische Stimmung, die durch die Politik im Wahlkampf angeheizt wurde. Angestachelt von der „Das Boot ist voll“-Rhetorik der CDU griffen sie die Zentrale Aufnahmestelle für Geflüchtete in Rostock an und verübten Brandanschläge auf die Häuser von Menschen aus andern Ländern in Solingen und Mölln. Die Schuld für die sozialen Probleme wurde in einer Minderheit gesucht. „Asylantenflut“ und „Asylmissbrauch“ waren Vokabeln, die die Politik aufgriff und debattierte. Die Folgen dieser Taten? Mehrere Tote – und die faktische Abschaffung des Recht auf Asyl, denn natürlich knickte die Politik ein und erfüllte die Forderungen des deutschen Mobs. Schnell noch ein paar betroffene Statements und ein paar Lichterketten, schon war das Thema wieder vergessen. Nun 20 Jahre später ist wieder Wahlkampf, wieder haben wir eine vermeintliche soziale Unruhe, wieder hatten faschistische Gruppen Jahrzehnte, um ungestört – teilweise sogar staatlich gefördert, zu florieren. Wieder schwafelt ein Innenminister von Asylmissbrauch, von nützlichen Migrant_innen (die, die qualifiziert sind und Arbeiten wollen) und jenen, die dies offensichtlich nicht sind und unseren Sozialstaat ausnutzen wollen. Wieder steht eine Wahl an und die Parteien vermeiden klare Statements, um keine Wähler_innen abzuschrecken. Die Folgen? Ungestört können Rassist_innen hetzen, durchs Land fahren, gegen andere Religionen und Migrant_innen hetzen, wieder können Nazis Schulter an Schulter mit „besorgten Anwohner_innen“ vor Flüchtlingsunterkünften stehen, Hitlergrüße machen, Hakenkreuze schmieren und Flüchtlinge angreifen, ohne dass es einen großen Aufschrei gibt. Aber dieses Mal gibt es mutige Menschen, die sich zwischen die Flüchtlinge und den deutschen Mob stellen. Sie stehen nachts vor den Unterkünften und werden selber zum Ziel.
Wie übel die Situation an vielen Orten ist, an denen die deutschen Behörden die Flüchtlinge zusammenpferchen, kann mittlerweile sogar in Mainstreammedien nachgelesen werden. Als Suchbegriff sei hier „Eisenhüttenstadt“ erwähnt. Zum Glück lassen sich die Geflüchteten aber das Zusammenpferchen nicht gefallen. Seit letztem Jahr im Sommer gibt es mehrere Gruppen, die auf ihre beschissene Situation aufmerksam machen. Als Refugeecamp in Berlin und Stuttgart, als Refugeebustour oder als Protestwanderung seit letztem Monat in Bayern. Das kann dem deutschen Mob natürlich nicht passen. Da kommen „die“ hier her und nutzen dann nicht nur das Sozialsystem aus, sondern meckern auch noch rum. Wie gut, dass es da ein Gesetz gibt, das Flüchtlingen verbietet, das Bundesland, in dem sie Asyl beantragt haben, zu verlassen. Die sogenannte Residenzpflicht. So kann der deutsche Staat einfach die Polizei losschicken und die Flüchtlinge verhaften und zurückschleifen. Und Überraschung: Genau das tut er. Bei der Gelegenheit traten heute Polizisten den wandernden Flüchtlinge auch gleich mal gegen den Kopf und in den Bauch.
Wer braucht da noch Nazis?

 

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