Rebloggt: Hexenjagd

Hier dokumentiere ich einen Blogpost von la estaca

Neulich hörte ich folgende, überspitzte Theorie: „Wer im Mittelalter nicht mindestens drei Frauen pro Jahr als Hexe anklagte, wurde selber schnell in den Kreis der potenziellen, der Hexerei anklagbaren, Personen aufgenommen.“
Solches Dennunziatentum wird mit Sicherheit nie ohne die übliche Gerüchteküche abgelaufen sein.
Warum ich das jetzt anspreche? Nun offenbar haben sich Teilaspekte dieser Mentalität bis in unsere Zeit rüberretten können und machen auch vor der Linken nicht halt. Insbesondere wenn es um ein vermeintliches Überlaufen einer Person geht.
Ich möchte damit nicht sagen, dass Überläufer*innen keine Gefahr darstellen oder dass es ohne Reaktion (z.B. ein Outing) hingenommen werden sollte, wenn ehemalige Genoss*innen einfach den Schalter umlegen und den Verfechter*innen der Extremismustheorie auch noch Munition frei Haus liefern.
Aber die Recherchen zu solchen Umständen sollten diskret und gründlich sein. Weniger besorgt mich, was passieren könnte wenn die fragliche Person tatsächlich die Seiten gewechselt hat und nun als politische Gegner*in dasteht. Aber ich glaube keine von den Genoss*innen und Gruppen die bis jetzt Outings von (vermeintlichen) Überläufer*innen durchgeführt haben, werden sich auch nur einen Moment überlegt haben: „Was ist eigentlich wenn wir falsch liegen? Was ist wenn Personen verwechselt oder Umstände falsch ausgelegt wurden?“
Denn plötzlich hat mensch die halbe linke Bewegung gegen sich und sieht sich im Zweifelsfall auch physischer Aggression ausgesetzt. Denn wer hat schon gerne einen bekannten Fascho im AZ sitzen.
Doch bereits die Gerüchteküche kann mensch – einmal losgetreten – kaum noch aufhalten. Da darf mensch sich dann von ehemaligen Genoss*innen anhören: „Du brauchst dich gar nicht erst blicken lassen!“ oder auch „Ich hab gehört du hast die Seiten gewechselt. Bin daher etwas verwundert, dass du jetzt hier bist.“
Und dann ist die politische Arbeit in der Schwebe. Aber viel wichtiger ist eigentlich, dass mensch sich dann völlig verrückt macht, welche Reaktion Menschen auf einmal zeigen, die mensch bis vor wenigen Tagen oder Wochen noch Freund*innen und/oder Genoss*innen genannt hat. Und das macht einen dann wirklich fertig und kaputt.
Deswegen finde ich sollten sich alle bei wie auch immer gearteten Vermutungen erst mal mit der fraglichen Person zusammensetzen und mit ihr*ihm reden. Denn eine Phase in der mensch plötzlich Angst haben muss, dass auf einmal bekannte Menschen mit unbekannt schlechter Laune vor der eigenen Tür stehen ist nicht mal so eben vergeben und vergessen. Deshalb einfach mal ein bisschen Emphatie zeigen, bevor mensch drauf haut. Dass könnt ihr immer noch machen, wenn sich Vermutungen bestätigt haben. Aber lasst diese Vermutungen nicht zu Gerüchten werden, bevor sie eindeutig belegt sind.
für Zero
10.01.2013 – Alice

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