Etwas wir, ungeordnet und noch unfertig:
Widersprüche
Schwaches Licht fällt auf die leere Straße. Ich gehe schnellen Schrittes an Straßenlaternen vorbei und beobachte meinen Schatten dabei, wie er größer und kleiner wird. In meinem Kopf rotieren die Gedanken. Wieder einmal bin ich über etwas Absurdes gestolpert. Eine Ausstellung die in diesen Tagen im örtlichen Freiraum gezeigt wird. Unter dem Titel „Vermummt und Gewaltbereit“ zeigt die Rote Hilfe Repression und Polizeigewalt auf. Vermummt und Gewaltbereit. Attribute die immer wieder gerne „linken Krawallmachern“ angeheftet wird. Vermummt und Gewaltbereit. Menschen die ein paar Mal Auf Demos gegen Nazi-Aufmärsche waren wissen auf wen das noch zutrifft. Menschen die ihr Gesicht vermummen und für ihre Gewalt gefürchtet werden. Menschen die sich gleichartig kleiden (in den letzten Jahren hauptsächlich in Schwarz) und in Gruppen auftreten. Was sie von jenen zu erst genannten unterscheidet? Das staatliche Monopol für Gewalt. Um das möglichst effizient durchsetzen zu können rüsten sie sich mit Körperpanzerung, Helmen, Knüppeln, Pfefferspray und einer Schusswaffe aus. Greift die erst genannte Gruppe mal zu Regenschirmen, Tüchern, etwas kürzeren Fahnen oder einem lockeren Stück Straßenbelag ist das Geschrei groß.
Am Stammtisch (hier als Synonym für das Aufeinandertreffen mehrerer privilegierter Bürger_innen) wird über jene „linke Krawallmachern“ gerne als asoziale, menschenverachtende und gefährliche Individuen geredet. Was aber, wenn eben jene wissen würden, dass diese „linken Krawallmacher“ häufig in sozialen Berufen arbeiten, Erzieher, Pädagogen und Pflegekräfte sind? Wenn sie wüssten, dass wir unsere Kämpfe führen um eine gerechte und soziale Gesellschaft zu erstreiten, in der niemand unterdrückt wird?
Was wäre, wenn sie wüssten, dass wir jede Form von Unterdrückung als Gewalt empfinden und sie verabscheuen?
Wenn sie wüssten, dass wir Staaten, Nationen und Kapital als unterdrückend empfinden und uns deswegen davon befreien wollen?
Wenn sie wüssten, dass unser Ziel nicht das Chaos ist, sondern eine andere Form der Ordnung?
Das mag für sie widersprüchlich klingen. Wie kann jemand Gewalt verabscheuen und dann doch Gewalt anwenden? Jemand der im täglichen Leben strukturelle, institutionelle, verbale, nonverbale und körperliche Gewalt erlebt kann nicht immer weglaufen, flüchten oder sich nicht wehren. Und dennoch ist das dann für diese Person selbst ein Widerspruch der an ihm nagt.